Erster Weltkrieg 1914 - 1918
Aus der Telegraphentruppe entstehen moderne Nachrichtentruppen

Mit Verkündung der Mobilmachung am 1.August 1914 wurden die von der Inspektion der Feldtelegraphie und vom Reichs-Postamt vorbereiteten Maßnahmen zur Aufstellung der Kriegsformationen der Feld- und Etappentelegraphie wirksam. Schlagartig erhöhte sich die Zahl der Telegraphenoffiziere auf 800 und die der Unteroffiziere und Mannschaften auf etwa 25.000. Fast 1.200 Beamte und Arbeiter des staatlichen Nachrichtenwesens wurden zur Etappentelegraphie einberufen. Zur mobilmachungsmäßigen Aufstellung kamen:

Eine Fernsprechstation eines Korpsstabes um 1915 Die Funkstation des Großen Hauptquartiers 1914

Mit den ersten Kriegseinsätzen der Telegraphenformationen wurden schlagartig die Auswirkungen der verhängnisvollen Fehleinschätzungen der Vorkriegszeit sichtbar, die u.a. die richtige und vorausschauende Einordnung der technischen Nachrichtenmittel in das Gesamtsystem der Truppenführung verhindert hatten. Es stellte sich heraus, daß zahlreiche höhere Truppenführer überhaupt nicht in der Lage waren, die ihnen zur Verfügung stehenden Nachrichtenmittel, ihren technischen Möglichkeiten und vor allem den operativ-taktischen Erfordernissen entsprechend richtig einzusetzen. Und selbst der Generalstab des Feldheeres, der für die Operationsführung zuständig war, glaubte bei seiner Orientierung auf den schnellen vernichtenden Offensivschlag mit einem Minimum an modernen Nachrichtenverbindungen und -mitteln auszukommen. In falscher Interpretation der Erfahrungen und Erkenntnisse aus den siegreichen Kriegen von 1866 und 1870/71 hatte man die Führungsanforderungen der ungleich größeren Armeen von 1914 eindeutig unterschätzt.

Das Scheitern der deutschen Anfangsoffensive an der Marne, die Ausdehnung der Westfront bis an die Kanalküste und der Übergang zum Stellungskrieg sowie die zunehmende räumliche Ausdehnung der Front im Osten bestimmten in der Folgezeit nachhaltig die weitere Entwicklung des militärischen Nachrichtenwesens. Neben der Neuorganisation der zentralen Führung und der Aufstellung weiterer Telegraphenformationen war es vor allem die umfassende Einbeziehung der Reichstelegraphie, mit deren Hilfe und Unterstützung die schrittweise Lösung der bisherigen Probleme in Angriff genommen wurde. Zuerst bei der Obersten Heeresleitung, danach auch bei den Armeeoberkommandos trat an die Stelle des für den Massenverkehr und über große Entfernungen nicht geeigneten Fernsprechapparates, der Fernschreib- und danach sogar der Siemens´sche Schnelltelegraphenverkehr. Parallel dazu entstanden die organisatorischen und technischen Voraussetzungen für den Fernsprech-Weitverkehr, mit dem sich die Telegraphentruppen vor dem Kriege überhaupt nicht befaßt hatten.

Obwohl bereits der Zeitabschnitt bis 1916 zu gravierenden Änderungen der Organisation und Ausrüstung führte, brachte das Jahr 1917 eine grundlegende Erneuerung und Modernisierung der Telegraphentruppen, die seit dem 18.Juli 1917 als Nachrichtentruppen bezeichnet wurden. Im Frühjahr 1918 waren diese Maßnahmen soweit abgeschlossen, daß man die langjährige von Stagnation, Fehlentwicklungen und Improvisationen gekennzeichnete Periode für beendet erklären konnte. Man hatte aus den Fehlern der Vorkriegszeit und der ersten Kriegswochen gelernt. Aus der Sicht der Nachrichtenführung aber waren die Veränderungen zu spät eingeleitet worden, um noch in vollem Umfange wirksam zu werden. Die sich schon Anfang 1918 zu Ungunsten der Mittelmächte entwickelnde Kriegslage ließen dazu keine Zeit mehr.

Bei Kriegsbeginn waren die deutschen Telegraphentruppen mit 800 Offizieren und 25.000 Unteroffizieren und Mannschaften ins Feld gerückt, die zu 120 Stäben und Formationen gehörten. Bei Kriegsende betrug die Kopfstärke der Nachrichtentruppe - ohne Truppen-Nachrichtenverbände - 4.381 Offiziere und rund 185.000 Mann in mehr als 2.800 Stäben und Truppenteilen.

Auszüge aus meinen Zeittafeln u.a. Datensammlungen
zur Formationsgeschichte der Telegraphentruppen im Ersten Weltkrieg

02.09.1914
Beim Großen Hauptquartier in Luxemburg, dessen Krafwagen-Fernsprechabteilung den Anforderungen nicht genügt, werden mit Hilfe des Reichs-Postamtes ein Feld-Telegraphenamt, ein Fernamt und ein Telegraphen-Bautrupp gebildet und dem am 16.08.1914 zur OHL abgestellten Postinspektor Ohnesorge -dem späteren Reichspostminister- unterstellt.

01.11.1914
Beim Oberbefehlshaber Ost wird ein Chef der Feldtelegraphie eingesetzt, dessen Stab neben Offizieren auch mehrere Beamte der Reichstelegraphie angehören.

06.05.1915
Aus den, seit Kriegsbeginn an den Friedensstandorten der ehemaligen Telegraphenbataillone den Ersatz ausbildenden 9 Telegraphenkompanien werden 10 Fernsprech- und 5 Funker-Ersatzabteilungen gebildet, die einer ebenfalls neu gebildeten Inspektion der Telegraphentruppen unterstehen.

04.08.1915
Die drei Telegraphendienststellen beim Großen Hauptquartier (siehe: 02.09.1914) werden zur "Telegraphendirektion beim Großen Hauptquartier" umgebildet. Mit ihrer Leitung wird der inzwischen zum Oberstleutnant beförderte Postinspektor Ohnesorge beauftragt.

28.10.1915
Die ersten Infanteriedivisionen, die bisher über keine eigenen Nachrichtenmittel verfügten, erhalten sogenannte Fernsprech-Doppelzüge, die aus einem Fernsprechbau- und einem Fernsprechbetriebszug bestehen und von den Korps-Telegraphenabteilungen abzustellen sind.

15.02.1916
Aufstellung von Funker-Kleinabteilungen, die mit den ersten tragbaren Funkgeräten, den sogenannten "Schützengrabenstationen" ausgerüstet sind und an Schwerpunkt-Kampfabschnitten eingesetzt werden.

30.08.1916
Auflösung der zivilen Etappen-Telegraphendirektionen und Umbildung zur jeweils zweiten Armee-Fernsprechabteilung bei den Armeeoberkommandos.

14.01.1917
Beginn der mit A.K.O.vom 14.12.1916 befohlenen ersten Reorganisation der Telegraphentruppen:

18.07.1917
Mit einem "Allerhöchsten Erlaß" über die "Neuordnung des Nachrichtenwesens der Armee" verfügt der Kaiser die zweite Reorganisation der Telegraphentruppen und ihre Umbenennung in Nachrichtentruppen. Zum gleichen Zeitpunkt erläßt das Kriegsministerium die Weisung über die "Gliederung und Stärkenachweisungen der Nachrichtentruppen im Felde". Als wichtigste Neuerung ist die Wiederaufhebung der mit der ersten Reorganisation eingeführten Trennung in Fernsprech- und Funkertruppen zu nennen.

Die Nachrichten-Stäbe und -Formationen eines Armeeoberkommandos
- 12.September 1917 -