Telegraphentruppen 1899 - 1914 Die Entwicklung der Telegraphentruppen bis zum Ersten Weltkrieg |
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Als am 1.Oktober 1899 in Berlin die Inspektion der Telegraphentruppen und das Telegraphen-Bataillon Nr.1 sowie in Frankfurt/Oder und Koblenz die Telegraphenbataillone Nr.2 und 3 aufgestellt wurden, endete in Preußen die bisher 43 Jahre lang bei den Pionieren angesiedelte Zuständigkeit für die Militärtelegraphie. Von nun an wurde das militärische Fernmeldewesen von einer, zu den Verkehrstruppen zählenden eigenständigen Truppengattung repräsentiert, die allerdings zum größten Teil der Pioniertruppe entstammte. Von nun an trugen die ehemaligen Pioniersoldaten als Zeichen der Zugehörigkeit zur Telegraphentruppe auf ihren roten Schulterklappen ein senkrecht stehendes gelbes Blitzbündel mit der Bataillonsnummer als römische Ziffer aus gelber Plattschnur und ab 1911 dann auf grauen Schulterklappen ein verschlungenes "T" mit arabischer Ziffernbezeichnung. Der anfangs von den Telegraphisten getragene Helm wurde 1907 durch den Jägertschako ersetzt. Bewaffnet waren die ersten Telegraphentruppen mit dem Gewehr 88 und dem Pionier-Faschinenmesser 71.
1. Telegraphist des württembergischen Detachements beim Telegr.Batl. Nr.1 |
2. Oberleutnant u. Führer des württembergischen Detachement beimTelegr.Batl.Nr.1 |
3. Offizier beim Stab des Telegr.Batl.Nr.1 (Stabschef) |
4. Unteroffizier beim Telegr.Batl.Nr.6 (am Ärmel das Fechterabzeichen) |
5. Telegraphist beim Sächs.Telegr.Batl.Nr.7 im Feldrock nach der Mobilmachung |
In den ersten acht Jahren nach Bildung der preußischen Telegraphentruppen blieb die Zahl ihrer Bataillone konstant. Erst 1907 trat in Karlsruhe ein viertes Bataillon hinzu, wodurch zugleich eine Änderung in der Führungsorganisation der Telegraphentruppen eintrat. Ihre bisherige Kommandobehörde wurde in eine Inspektion der Feldtelegraphie umbenannt und zwei neue Inspektionen der Telegraphentruppen in Berlin und Karlsruhe gebildet, denen jeweils zwei Bataillone zugeordnet waren.
Die sich zunehmend verschärfende militärpolitische Lage führte am 1.Oktober 1912 mit der Aufstellung des Telegraphenbataillons Nr.5 in Klausdorf-Rehagen bei Berlin zu einer weiteren zahlenmäßigen Verstärkung der Truppe. Zum gleichen Zeitpunkt war auch in München eine dritte bayerische Telegraphenkompanie aufgestellt worden, die mit den beiden schon bestehenden Kompanien einem neu gebildeten Bataillonsstab zugeordnet wurde. Ihre endgültige Vorkriegsgliederung erhielten die Telegraphentruppen aber erst kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Am 1.Oktober 1913 entstanden eine dritte Inspektion der Telegraphentruppen, zwei weitere Telegraphen-Bataillone Nr.6 und 7 sowie acht Festungs-Fernsprechkompanien. Aus der bisherigen Kavallerie-Telegraphenschule war eine wesentlich größere Kriegs-Telegraphenschule geworden und die Telegraphen-Bataillone Nr.1 bis 5 hatten eine zweite Funkkompanie erhalten.
Bedingt durch diese Veränderungen wurden auch die Unterstellungsverhältnisse neu geordnet. Während die Telegraphen-Bataillone Nr.1 und 7 sowie die ebenso numerierten Festungs-Fernsprechkompanien der 1.Inspektion der Telegraphentruppen unterstanden, gehörten die Telegraphen-Bataillone Nr.3, 4 und 6 zusammen mit den die gleichen Nummern tragenden Festungs-Fernsprechkompanien zur 2.Inspektion in Karlsruhe. Der neuen 3.Inspektion in Berlin wurden die Telegraphen-Bataillone Nr.2 und 5 und die Festungs-Fernsprechkompanien Nr.2, 5 und 8 zugeordnet. Wie schon das Klausdorfer Bataillon sollte auch die 3.Inspektion der Telegraphentruppen ihren endgültigen Standort in Danzig finden, was aber bis zum Ausbruch des Krieges nicht mehr realisiert werden konnte.
Die preußischen Telegraphentruppen - 1.Oktober 1913 |
Die organisatorisch-technische Vorkriegsentwicklung der Telegraphentruppen stand allerdings in keiner Übereinstimmung mit den Offensivabsichten der deutschen Heeresführung, wie sie im "Schlieffen-Plan" zum Ausdruck kamen. So verfügte z.B.1914 jede der acht mobilgemachten deutschen Armeen lediglich über zwei Funkstationen und eine Armee-Telegraphenabteilung, die Armeekorps hatten je eine Korps-Telegraphenabteilung und die 104 deutschen Divisionen und selbständigen Brigaden überhaupt keine eigenen Nachrichtenformationen. Da die Telegraphie - das spätere Fernschreiben - 1912 aus der Ausrüstung gestrichen worden war, zogen die deutschen Truppen 1914 lediglich mit dem Fernsprechapparat und dem Funkgerät als Hauptführungsmittel in den Ersten Weltkrieg.
Auszüge aus meinen Zeittafeln u.a. Datensammlungen zur Formationsgeschichte der Telegraphentruppen 1899 - 1914 |
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08.09.1900
In Mecklenburg-Vorpommern beginnt das bis zum 14.09.1900 dauernde Kaisermanöver, an dem das Gardekorps und das II.Armeekorps, aber auch erstmals zwei von den Telegraphenbataillonen Nr.1 und 2 aufgestellte Korps-Telegra-phenabteilungen teilnehmen. Zum ersten Einsatz kommen auch ein Heliographen-Detachement des Eisenbahn-Regi-ments und zwei bei der Luftschifferabteilung gebaute "Funken-Stationen" die sogenannten Ballonstationen. Der zur Station gehörende Ballon hatte die Antenne etwa 200 m in die Höhe zu heben. Die neu gebildete Inspektion der Telegraphentruppen steht der Lichtsignal- und Funktechnik zu dem Zeitpunkt noch ablehnend gegenüber.
20.12.1900
Das Kriegsministerium erläßt die vom Kaiser bestätigte "Dienstvorschrift für die Korps-Telegraphen-Abteilungen mit zweispännigen Fahrzeugen" (K.Tel.A.). Danach waren im Mobilmachungsfall aufzustellen:
- beim Großen Hauptquartier | der Stab des Chefs der Militärtelegraphie (später Chef der Feld-Telegraphie), |
- für jedes Armee-Oberkommando | 1 Armee-Telegraphen-Abteilung ( 5 ) |
1 Etappen-Telegraphen-Direkton ( 5 ), | |
- für jedes Generalkommando | 1 Korps-Telegraphen-Abteilung, ( 20 ) |
01.10.1901
Aufstellung der ersten bayerischen Telegraphen-Kompanie mit angeschlossener Kavallerie-Telegraphenschule beim Eisenbahn-Bataillon in München.
01.04.1902
Inkraftsetzung des Mobilmachungsplanes 1902 / 03. Danach hatten die bestehenden drei Telegraphenbataillone im Kriegsfall aufzustellen:
08 Armee-Telegraphenabteilungen (für 1. - 8. Armee),
08 Etappen-Telegraphendirektionen (für 1. - 8. Armee),
24 Korps-Telegraphenabteilungen (für GK., I. - XIX., XXII. AK. und I. - III, Bayer. AK)
03 Telegraphenkompanien für das Besatzungsheer (Ersatz-Kompanien)
20.04.1904
Aufstellung (Mobilmachung) einer Funken-Telegraphen-Abteilung für die Schutztruppe Südwestafrika beim Luftschifferbataillon aus Freiwilligen, der am 15.12.1904 eine zweite Funken-Abteilung und eine Feld-Signal-Abteilung folgen.
06.08.1904
In Berlin formiert sich aus Freiwilligen aller Telegraphenbataillone eine Feld-Telegraphenabteilung für die in Südwestafrika gegen die Eingeborenen kämpfende Schutztruppe. Auch dieser folgt am 17.12.1904 eine zweite Ab-teilung auf dem Seewege.
01.03.1905
Die bisher zum Luftschifferbataillon gehörende "Funken-Telegraphenabteilung" - Stärke 8 Offiziere, 15 Unteroffiziere und 85 Mann mit 10 Telefunkenstationen und 40 Pferden - wird dem Telegraphenbataillon Nr.1 zugeordnet.
20.03.1906
Der Chef des Generalstabes wendet sich mit einem Schreiben an das Kriegsministerium und fordert den schnelleren Ausbau der militärischen Nachrichtenorganisation um, " .... die Ausnutzung des Funkentelegraphen, des Feldsignal-geräts und des Gefechtsfernsprechers im Felde in einem ihrer hohen Bedeutung entsprechendem Umfange sicherzustellen."
16.01.1908
Das Kriegsministerium verfügt die Umbewaffnung der Telegraphentruppen. Von nun an tragen die Telegraphisten den Karabiner K 98 und das Seitengewehr 98/05.
01.10.1913
Nach Inkrafttreten der mit A.K.O.vom 04.07.1913 befohlenen Reorganisationsmaßnahmen beträgt die Kopfstärke der Telegraphentruppen: 261 Offiziere, 850 Unteroffiziere und 4.925 Mannschaften
Gliederung: | Telegr.Kpn | Funk-.Kp. | Insgesamt | |
5 preußische Telegraphen-Bataillone zu | 5 Kompanien = | 15 | 10 | 25 |
1 preußisches Telegraphen-Bataillon | 4 Kompanien = | 03 | 01 | 04 |
1 sächsisches Telegraphen-Bataillon | 3 Kompanien = | 02 | 01 | 03 |
2 bayerische Telegraphen-Bataillone | 5 Kompanien = | 03 | 02 | 05 |
Gesamt 9 Telegraphen-Bataillone zu | 37 Kompanien = | 23 | 14 | 37 sowie |
6 preußische Festungs-Fernsprech-Kompanien | ||||
1 sächsische Festungs-Fernsprech-Kompanie | ||||
1 bayerische Festungs-Fernsprech-Kompanie | ||||
1 preußische Kriegs-Telegraphenschule | ||||
1 bayerische Kavallerie-Telegraphenschule | ||||
Kopfstärke: | ||||
eines Telegraphen-Bataillons mit 5 Kompanien: 34 Offz., 865 Uffz. und Mannschaften, 301 Pferde | ||||
eines Telegraphen-Bataillons mit 4 Kompanien : 26 Offz. 729 Uffz. und Mannschaften, 206 Pferde |